“Our Glacial Perspectives ”, 2020,

ist eine permanente öffentliche Installation von Olafur Eliasson.

Das Kunstwerk beginnt mit einem 410 Meter langen Weg, der entlang eines steil abfallenden Grats führt. Der Pfad wird durch 9 Tore unterteilt, die als Intervalle angeordnet sind und der Dauer der Eiszeiten entsprechen. Die Tore markieren tiefe Zeitachsen unseres Planeten, des Eises und der Umwelt. Am Ende des Weges steht ein Pavillon aus Stahl- und Glasringen, in deren Mitte sich ein kreisförmiges Deck befindet, das über den Rand des Bergkamms hinausragt. Stehen Betrachter auf dem Deck, können sie den Pavillon als astronomisches Instrument verwenden, indem sie die Blicke auf die umgebenden Ringe ausrichten, die den scheinbaren Weg der Sonne am Himmel an einem bestimmten Tag verfolgen. Die Ringe teilen das Jahr in gleiche Zeitintervalle ein: der oberste Ring folgt dem Weg der Sonne zur Sommersonnenwende; der mittlere Ring folgt der Tagundnachtgleiche und der unterste Ring der Wintersonnenwende. Jeder Ring ist in rechteckige Glasscheiben unterteilt, die jeweils exakt 15 Bogenminuten der  Sonnenbewegung über den Himmel abdecken, sodass die Betrachter die Tageszeit anhand des Sonnenstandes bestimmen können. Auf der Außenseite des Pavillons rahmen zwei parallele Stahlringe die Horizontlinie ein, und die die Struktur tragenden Halbringe zeigen die Nord-Süd- sowie die Ost-West-Achse an.
Durch die Markierung des Horizonts, der  Himmelsrichtungen und der Bewegung der Sonne lenkt das Kunstwerk die Aufmerksamkeit der Besucher auf eine größere planetarische Perspektive und auf die Klimaveränderung, die auch den Hochjochferner trifft. Die Glasscheiben sind in unterschiedlichen Blautönen gefertigt - als Bezug zum Cyanometer, eine am Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte Skala zur Messung der Intensität der Himmelsfarben. Die blauen Gläser filtern und reflektieren Licht und Sonnenstrahlung und verhalten sich wie eine Mini-Atmosphäre.

Das Kunstwerk wurde von Talking Waters Society in Auftrag gegeben, einer von Ui Phoenix von Kerbl und Horst M. Rechelbacher (1941-2014, Founder der Kosmetikmarke Aveda in den USA) gegründeten Stiftung. Es handelt sich um eine Plattform, einem gemeinnützigen Verein zur Reflexion und zum Austausch über das Wasser, unserer mächtigsten und wertvollsten Ressource. 
Der Standort des Kunstwerks beherbergt den Hauptsitz der Stiftung: „Dies ist ein Ort der Stärke. Hier fließt Wasser aus einer Vielzahl artesischer Quellen und bildet eine Allegorie für das Leben in diesen Höhen. So tief der Felsen auch sein mag, Wasser findet immer seinen Weg zum Licht,“ sagt Ui Kerbl. „Nachdem das Wasser aus unterirdischen Quellen sprudelt, wird es hier durch die Wasserscheide in zwei Flüsse unterteilt, von denen einer über die Etsch zum Mittelmeer und der andere über den Inn und die Donau zum Schwarzen Meer fließt, um sich schließlich im Atlantik zu vereinen.“ „Die norwegische Künstlerin und Wissenschaftlerin Sissel Tolaas hat mich mit Olafur Eliasson bekannt gemacht, und unsere Philosophien stimmten überein. Wir beide glauben an die Kraft der Kunst, durch emotionale, sensorische und physische Erfahrung Bewusstsein zu schaffen“, sagt Ui Kerbl. Der dänisch-isländische Künstler war begeistert von der Idee, Kunst an diesen Kraftplatz, den Schnalstaler Gletscher, zu bringen. Eliasson sagt: „Ich freue mich sehr, dass ich die Gelegenheit hatte, ‚Our Glacial Perspectives‘ speziell für das Schnalstal und den Hochjochferner zu schaffen. Das Kunstwerk fungiert als Lupe für die ganz besondere Erfahrung von Zeit und Raum, die dieser Ort bietet - groß und grenzenlos einerseits, lokal und spezifisch andererseits. Es ist ein optisches Gerät, das uns einlädt, uns von unserer verkörperten Position aus mit planetarischen und eiszeitlichen Perspektiven auseinander zusetzen.“

Die Realisierung des Kunstwerkes wurde ermöglicht u.a. durch die Unterstützung des Landes Südtirol, der Gemeinde Schnals und der Schnalstaler Gletscherbahnen AG.